Krise als Chance: Mehr Online-Beteiligung in der Corona-Krise

Krise als Chance: Online-Beteiligung statt Termine vor Ort

Die Kontaktbeschränkungen infolge der Corona-Krise haben in vielen Städten und Gemeinden die Bürgerbeteiligung negativ beeinflusst. Bürgerforen, Stadtteilspaziergänge oder große Info-Veranstaltungen mussten abgesagt werden. Ein herber Rückschlag für die Beteiligungskultur, wie das Berlin Institut für Partizipation in einer aktuellen Studie konstatiert. Mehr als Dreiviertel der 1.470 vom Institut Befragten gab an, dass Beteiligungsveranstaltungen aufgrund der Corona-Pandemie entfallen mussten. Kam die Bürgerbeteiligung also komplett zum Erliegen? Keineswegs! Unsere Erfahrung zeigt: Vielerorts führte die Corona-Krise zu mehr Online-Beteiligung.

Lebendiger Bürgerdialog im Internet: Spontaneität in der Krise

Zahlreiche Städte und Gemeinden ließen sich von Corona in ihrem Beteiligungsvorhaben nicht beirren. Sie schwenkten spontan auf Online-Formate um oder initiierten kurzerhand Online-Wettbewerbe. Sie hielten auf diese Weise den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern auch in dieser schwierigen Zeit lebendig. Drei Praxisbeispiele aus Friedberg, Schwerte und Darmstadt zeigen, wie das gelungen ist. Sie machen deutlich, wie man die Corona-Krise als Chance für mehr Online-Beteiligung genutzt hat.

Krise als Chance: Mehr Online-Beteiligung in der Corona-Krise
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Friedberg: Online-Beteiligung in der Corona-Krise von 0 auf 100 in 3 Wochen

Die Stadt Friedberg arbeitet bereits seit Längerem an der Umgestaltung des ehemaligen Kasernengeländes „Ray Barracks“ zu einem lebendigen Stadtquartier, u.a. mit bezahlbarem Wohnraum. Die Beteiligung der Bürgerschaft war dabei von Anfang an enorm wichtig und im Rahmen von Vor-Ort-Beteiligungsmaßnahmen vorgesehen. Eine Online-Beteiligung war zunächst nicht geplant – bis zur Corona-Krise. Die Relevanz des Projektes für die Bevölkerung und der enge Zeitrahmen für Beteiligungsmaßnahmen veranlasste die Stadtverwaltung zum Umschwenken ins Digitale. Ein für Ende April geplantes Bürgerforum wurde so innerhalb von nur drei Wochen ins Internet verlegt und als zweiwöchige Online-Beteiligung umgeplant. Dafür setzte die wer denkt was GmbH im Eilverfahren eine Beteiligungsplattform auf und bereitete alles für das digitale Crowdmapping vor – mit Erfolg.

Der Input der Friedbergerinnen und Friedberger beim Online-Verfahren war sehr groß. Die zahlreichen Ideen und Anregungen helfen der Stadtverwaltung nun dabei, die Pläne für das Areal weiter zu konkretisieren und auf die Wünsche der Bürgerschaft abzustimmen. Nicht nur das: Die neu geschaffene Online-Beteiligungsplattform soll zudem ein zentrales Informationsportal für alle weiteren Entwicklungen und Entscheidungen rund um das Projekt werden. Sie soll auch noch weitere Maßnahmen der Online-Beteiligung möglich machen. Die unverhofft und spontan umgesetzte Beteiligungsplattform ist somit eine Investition in die digitale Zukunft.

Schwerte: Ideen zur Marktplatzumgestaltung einfach digital abfragen

Auch die Stadt Schwerte hatte für die Umgestaltung ihres Marktplatzes auf Vor-Ort-Beteiligungsmaßnahmen gesetzt. In Stadtteilspaziergängen sollten die Bürgerinnen und Bürger die Gelegenheit bekommen, ihre Vorstellungen und Ideen für Marktplatz, kleinen Markt und Brückenstraße zu äußern und zu diskutieren. Mit Blick auf die Corona-Krise und die Kontaktbeschränkungen entschied sich die Stadt kurzerhand, die Beteiligung ins Digitale zu verlegen. Die Stadt Schwerte brachte dafür Anfang April gemeinsam mit der wer denkt was GmbH kurzfristig die Bürgerbeteiligungsplattform mitmachstadt.schwerte.de an den Start. Über eine interaktive Karte konnten die Bürgerinnen und Bürger der Stadt auf der Plattform ihre Wünsche und Anregungen einbringen. Darüber hinaus konnten sie zu bereits geplanten Maßnahmen Kommentare einreichen und der Stadtverwaltung ein Stimmungsbild liefern. Die Beteiligung kann sich sehen lassen: Mehr als 50 Ideen, knapp 100 Kommentare und mehr als 250 abgegebene Stimmen kamen auf diesem Wege zusammen und bereichern das Verfahren.

Darmstadt: Ein digitaler Fotowettbewerb bei kleinem Aktionsradius

Da der Aktionsradius der Bürgerinnen und Bürger während der Kontaktbeschränkungen sehr begrenzt war, hat die Wissenschaftsstadt Darmstadt kurzfristig einen Fotowettbewerb zur biologischen Vielfalt initiiert. Alle interessierten Hobby-Fotografen konnten Woche für Woche Fotos von Balkonen oder Gärten einreichen. Über alle eingereichten Bilder konnten die Bürgerinnen und Bürger abstimmen und ihre Favoriten markieren. Auf dieser Grundlage wurde jede Woche ein Gewinnerbilder gekürt und mit Gutscheinen für Pflanzen und Saatgut belohnt. „Die Aktion soll auch ermutigen, Natur im kleinen Bewegungsradius wahrzunehmen und die Schönheiten um uns herum zu entdecken“, so Umweltdezernentin Barbara Akdeniz über das Ziel der Projektes. Umgesetzt wurde das Projekt von der wer denkt was GmbH auf der Darmstädter Bürgerbeteiligungsplattform da-bei.darmstadt.de. Dieses Beteiligungsprojekt läuft noch bis 30. Juni 2020.

Online-Beteiligung: Eine wichtige Säule für den Bürgerdialog

Diese drei Beispiele machen deutlich: Online-Bürgerbeteiligung stellt – auch kurzfristig in der Corona-Zeit – eine wichtige Säule im Austausch zwischen Kommune und Bürgerschaft dar. Sie hält den Diskurs am Laufen, wenn ein direkter Austausch von Angesicht zu Angesicht nicht möglich ist. Und: Eine digitale Beteiligung lässt sich mit einem erfahrenen Partner auch kurzfristig umsetzen. So kann eine Kommune die Krise als Chance für mehr Online-Bürgerbeteiligung nutzen. Und so lässt sich die digitale Beteiligung auch für die Zukunft stärken.