FACHKONFERENZ 2025: Vorträge & Talkrunden

FACHVORTRÄGE

„Bürgerbeteiligung und Demokratieförderung – Zwei Seiten einer Medaille“
Dr. Griet Newiger-Addy, Leiterin der Stabsstelle Bürger*innenbeteiligung der Universitätsstadt Marburg

Mit der Einführung von Strukturen und Verfahren der Bürgerbeteiligung verbindet sich häufig die Hoffnung auf einen allgemeinen demokratischen Mehrwert für eine Kommune. Erwartet wird zum Beispiel, dass das Vertrauen in Politik und Verwaltung durch Beteiligung steigt oder dass demokratieskeptische Einstellungen zurückgehen könnten.

Aber sind diese Erwartungen berechtigt? Und unter welchen Bedingungen kann Bürgerbeteiligung „Demokratie“ fördern? Gelingt dies durch die Beachtung der Qualitätskriterien für gute Bürgerbeteiligung? Oder ist es vielversprechender, sich besonders auf die Beteiligung politikferner Einwohnerinnen und Einwohner zu konzentrieren, die eher nicht wählen oder Politik und Verwaltung skeptisch gegenüberstehen? Oder sollte Bürgerbeteiligung explizit auch Maßnahmen umfassen, die auf den Dialog von Menschen mit unterschiedlichen Meinungen abzielen sowie Vielfalt und die Prävention von Rechtsextremismus fördern?

In dem Vortrag sollen auf diese Fragen Antwortvorschläge präsentiert werden, auf der Grundlage der vielfältigen Erfahrungen der Bürgerbeteiligung der Stadt Marburg mit Demokratieformaten wie „Marburg spricht“, „Stadtlabor Richtsberg“ und dem städtischen Handlungsprogramm „Für Dialog und Vielfalt“.

„In die Tiefe der Gesellschaft tauchen. Wie wir mit dem Aufsuchenden Losverfahren bisher wenig beteiligte Menschen erreichen können und was das mit der Tiefsee zu tun hat
Linus Strothmann, Zufallsbeteiliger und Autor von „Wir holen Euch ab!“

Losverfahren sind aktuell in aller Munde, wenn es darum geht, bei Beteiligungsverfahren den Querschnitt der Bevölkerung abzubilden. Tatsächlich liegen die Rückmeldequoten jedoch oft nur zwischen 5-20%. Deswegen werden meist weitaus mehr Menschen eingeladen und dann anhand von demografischen Merkmalen eine finale Auswahl getroffen. Aber egal welche Merkmale ausgewählt werden, alle, die dabei sind, gehören zu der Minderheit der Bevölkerung, die auf eine Einladung überhaupt reagiert.
Aber was passiert, wenn wir rausgehen zu denen, die auf eine Einladung nicht reagiert haben? Was hält 80-95% der Bevölkerung davon ab, zu einer Planungszelle oder zu einem Bürgerrat zu kommen? Und wer fehlt eigentlich, wenn diese Menschen nicht dabei sind?

Seit 2016 hat Linus Strothmann das Aufsuchende Losverfahren entwickelt und dabei an Hunderten von Türen geklingelt, Gespräche geführt und Menschen Hürden nehmen können, so dass sie doch noch teilgenommen haben. Im Vortrag geht es darum, was uns entgeht, wenn diese Menschen nicht dabei sind, aber auch welche Chancen darin liegen, rauszugehen, statt zu erwarten, dass die richtigen schon kommen werden.

PRAXISTALKS & BEST PRACTICE

Talkrunde Fachkonferenz 2025

Am Nachmittag stehen kurze Talkrunden zu verschiedenen Themenfeldern auf dem Programm. Dabei wollen wir unsere Gesprächspartner:innen zu Herangehensweisen, Projekten und Erfahrungswerten in den unterschiedlichen Themenfeldern befragen. Die Talks sollen Anregungen liefern und zu weiterführenden Gesprächen inspirieren.

Mit dabei sind:

  • Sven Reisch, Leiter des Amts für Kultur der Stadt Böblingen
  • Dr. Katharina Gerl, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Düsseldorfer Institut für Internet und Demokratie (DIID) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
  • Eva Heising, Mitgründerin der Demokrative bei der openPetition gGmbh
  • Laura Badusche, Senior Projektmanagerin beim Fachzentrum Nachhaltige Mobilitätsplanung Hessen
  • Tobias Köstler, Leitung Betriebshof der Stadt Pfungstadt

Was bedeutet „nachhaltige Kulturstrategie“ in Zeiten von Personal- und Finanzknappheit – und welche Rolle kann eine kluge Beteiligungskultur dabei spielen?
Mit: Sven Reisch, Leiter des Amts für Kultur der Stadt Böblingen

Weitere Informationen folgen

Zeit für neue demokratische Handlungsräume. 5 Fragen zum Demokratie-Innovationslabor „Demokrative“
Mit: Eva Heising, openPetition gGmbh, Mitgründerin der Demokrative

Seit April 2024 entsteht bei der openPetiton gGmbH in Berlin ein Demokratie-Innovationslabor – ein offener Denkraum bzw. eine offene Werkstatt für neue Demokratie. Das Ziel des seit Oktober „Demokrative“ genannten Projektes: eine Reflexion des Grundgesetzes ermöglichen, um es außerhalb der legislativen und exekutiven Gewalten auf Stärken, Schwächen und Leerstellen zu überprüfen. Eva Heising kümmert sich dabei um die inhaltliche, organisatorische und personelle Entwicklung dieses Denkraums.

Die Kommunikationswissenschaftlerin und ihre Mitstreiter betrachten sich selbst als Demokratie-Ingenieure und Produktentwickler: Sie suchen aktiv nach Möglichkeiten, neue demokratische Handlungsräume zu erschließen und Demokratieerfahrungen möglichst vielen Menschen auch außerhalb der Wahlkabine zu ermöglichen. Im Talk sprechen wir mit ihr über die Idee, die Ziele und die nächsten Schritte der „Demokrative“ sowie über Demokratieförderung.

Zukunft in Bewegung. 5 Fragen an das Fachzentrum Nachhaltige Mobilitätsplanung Hessen
Mit: Laura Badusche, Senior Projektmanagerin beim Fachzentrum Nachhaltige Mobilitätsplanung Hessen (HTAI)

Was braucht es für eine zukunftsfähige Mobilitätsplanung? Im Talk-Format „5 Fragen an…“ stellen wir das Fachzentrum Nachhaltige Mobilitätsplanung Hessen vor. Wir sprechen über die Ziele und Angebote des Fachzentrums sowie über den neuen kommunalen Lehrgang für eine strategische und integrierte Planungspraxis. Außerdem fragen wir nach, wie Politik und Verwaltung für nachhaltige Mobilität gewonnen werden können und welche Rolle Beteiligung dabei spielt.

Künstliche Intelligenz in der Online-Beteiligung
Mit: Dr. Katharina Gerl, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Düsseldorfer Institut für Internet und Demokratie (DIID)

Politik und Verwaltung laden Bürger:innen immer öfter dazu ein, sich an politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Dabei werden regelmäßig digitale Beteiligungsformate eingesetzt. Inzwischen wissen wir, dass Online-Beteiligung neben allen Potentialen einige Herausforderungen mit sich bringt, wie z.B. Zugangshürden, die Dominanz einer Minderheit von Nutzenden, Inzivilität, ein hoher Moderationsbedarf sowie fehlende Übersichtlichkeit oder die Aggregation von Beiträgen.

Am Düsseldorfer Institut für Internet und Demokratie (DIID) wird in unterschiedlichen Projekten untersucht, ob und wie diesen Problemen mit KI-basierten Instrumenten begegnet werden kann. Der Talk geht vor dem Hintergrund laufender Forschungsprojekte der Frage nach, ob Online-Beteiligungsprozesse mittels KI potenziell inklusiver, übersichtlicher und sachlicher gestaltet werden können. Dafür werden Einsatzmöglichkeiten von KI an verschiedenen Stellen von Beteiligungsprozessen skizziert, und sowohl Chancen als auch Risiken diskutiert.

Effiziente Prozesse zwischen Stadtverwaltung und Betriebshof: 5 Fragen zum Mängelmelder in Pfungstadt
Mit: Tobias Köstler, Leitung Betriebshof der Stadt Pfungstadt

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* Stand: 9. Juli 2025. Änderungen vorbehalten.

Weitere Informationen zu den Referentinnen und Referenten der Vorträge und Talkrunden bei der Fachkonferenz 2025 finden Sie hier.